Interview bergauf bergab mit Michael Pause I alpinonline

Anfang Jänner 2018 hat sich das Filmteam rund um Micki Pause von bergaufbergab, Bayerischer Rundfunkt ins Südtiroler Pflerschtal begeben, um dort das Interview für den Beitrag aufzunehmen. Nebenbei hatten wir schlussendlich noch Gelegenheit, eine wunderschöne Skitour zu machen.

Sendung: Lawinen in den Sozialen Medien

Im Winter 2016/17 konnte man ein vermehrtes Posten von Lawinenabgängen (eigene oder fremde) beobachten, was der Auftakt für meine ersten Recherchen zum Thema Bergsteigen & Soziale Medien war. Mehr dazu im Beitrag „Avlanche goes social„. Spannend daran war die verharmlosende Darstellung der Lawinen, wenn sie nicht sogar ein bisschen zur Lebenswelt der Skitourengeher dazugehört haben. Unterstrichen wurde das von der Community, den Lesern, Sharern, Likern, die in einer Vielzahl die Postings mit Likes oder Kommentaren wie „Oh yeah, ich war dabei!“ versahen.



https://www.br.de/mediathek/embed/bergauf-bergab-genuss-skitouren-und-lawinengefahr-av:5a3caa48ef719c00188a9870

Die neue Macht des Lesers

Der Leser und das Publikum haben somit eine neue Macht erlangt – sie werden zum Teil der Botschaft, können diese erweitern, ergänzen und die Reichweite von Postings erhöhen, diese aus einem Zusammenhang und Kontext reißen und somit, im schlimmsten Fall, die Botschaft sogar verfälschen. Sie dürfen das, denn das ist das System und die Dynamik sozialer Medien.

Qualität ist quantitativ nicht darstellbar

Das Problem an einer Kommunikationsform, die sich über Quantität definiert, ist, dass Qualität nicht darstellbar ist. Weder die Qualität des Erlebnisses, der Erfahrung, noch die Qualität von Personen, Likes und Kommentaren ersetzen Qualität. Auch im Denken. Und das erzeugt eine Dynamik des quantitativen Bewertens von Menschen, Erlebnissen und Informationen.

„Wir Bergsteiger“ haben nicht dieselbe Expertise

Aus dem Kontext reißen integriert auch, dass wir Bergsteiger nicht alle derselben Lebenswelt angehören. In den sozialen Medien wird aber nicht differenziert, da es auch nicht dargestellt werden kann. Wenn ich früher persönlich mit jemandem eine Tour geplant habe, wusste ich, welchen Hintergrund mein Gegenüber hat – ist er Bergführer, Anfänger, war er schon jemals im Gelände?

Es handelt sich um keine 2-Way-Kommunikation

Und das meint die Gefahr der aktuellen „Tourenkommunikation“ in den sozialen Medien – wir wissen nicht, von wem oder warum der Post verfasst wurde? Ist es vielleicht sogar eine bezahlte, versteckte Werbung? Man spricht immer von Web 2.0 als einer 2-way-Kommunikation, doch in Wahrheit funktioniert es nicht, jedenfalls nicht so wie direkte Kommunkation.

Die Medienrealität ist nur Teil der Realität

Was in diesem Beitrag ganz gut erfahrbar ist, dass Medienrealität nur ein Teil der Wirklichkeit ist. Denn unsere unverspurten Powderhänge liegen neben den zig Spuren einer Modeskitour im Pflerschtal. Das sieht man aber nicht!

Es muss wieder vielmehr direkte Kommunikation stattfinden!

Eingangs sagte Micki Pause, dass ich mich für die Tour entschieden habe, da ich „einen Freund“ gefragt habe 😉 Das ist wohl untertrieben – hier wurden einige Telefonate geführt, mit Bergführern und Einheimischen, Tourenvorschläge gebracht, damit dann die optimale Tour gefunden wird. Das war Arbeit – aber nur so kann es funktionieren. Ja, und all das funktioniert nur in der direkten Kommunikation, denn hier kann man nachfragen!

Über die „guten und die schlechten Bergsteiger“?

Heuer auf Facebook aufgetreten sind nun Diskussionen der vermeintlich „guten Bergsteiger“, die Postings und Fragen der anderen richtigstellen und bewerten. Ohne zu akzeptieren oder überhaupt wahrzunehmen, dass es Skitourengeher mit weniger Können, Erfahrung etc. gibt, urteilt man über diese, über die, die keine Spitzkehre können, die nicht verstehen, warum man sich einem Risiko aussetzt. Aber anstatt dass man diese große Gruppe betreut und mit anscheinend nötigen Informationen versorgt (früher ist das meist über regionale Vereine und Gruppen passiert), schimpft man über die, die schimpfen. Auch interessant.

Was ist das Ziel?

Akzeptieren aller Spielarten des Bergsteigens & gute Berichterstattung wären wohl die Grundzutaten, die es derzeit braucht. Gespickt mit der Verantwortung, der sich die Leser & das Publikum mit ihren Reaktionen bewusst sein müssen, ebenso wie ein gewisses Hinterfragen der Qualität bestimmter Posts und welche Informationen ich für mich daraus generiere. Denn prinzipiell ist es äußerst positiv, dass so viele verschiedene Menschen draussen unterwegs sind und sich darüber freuen!